Straße bei Nacht zeichnen
Bringe das nächtliche Leben mithilfe der Zentralperspektive zum Erwachen!
Hast Du Lust, eine Straße bei Nacht zu zeichnen? Das Spiel der Lichter und Schatten, die verschiedenen Lichtquellen von Werbeschildern, Geschäften und Straßenlaternen sowie die kunstvolle Gestaltung der Perspektive und Proportionen sind Schlüsselaspekte, die es zu meistern gilt.
In diesem Tutorial werden wir uns gemeinsam anschauen, wie man eine Straße bei Nacht zeichnet. Von der Skizze bis zur Ausarbeitung der Details und Schatten, wir werden Schritte und Techniken erkunden, um eine lebendige und atmosphärische nächtliche Straßenszene zu erschaffen.
Skizze einer Straße zeichnen
Bevor wir mit der Skizze beginnen, sollten wir uns genau überlegen, wie die Straße aussehen soll und welche Elemente nicht fehlen dürfen. Es ist wichtig, Dir vor dem Skizzieren bereits Gedanken darüber zu machen und ggf. helfende Vorlagen dafür zu suchen.
Mein Bild ist inspiriert von den Straßen in Seoul (Südkorea). Es handelt sich um eine Seitenstraße mit jeder Menge Werbeschilder, einigen Läden und ein paar Spaziergängern. Die verschiedenen Häuser ragen in unterschiedlichen Höhen empor und zwischendurch findet man auch einen Mast dazwischen.
Ich habe noch nie so lange an einer Skizze gearbeitet – zwei Tage, um genau zu sein. Die Dauer hängt natürlich von der Menge der Details ab, aber Du solltest Dir hierfür wirklich viel Zeit nehmen, um alles Wichtige in Deiner Skizze festzuhalten.
Perspektive in der Skizze festhalten
Für ein Motiv wie die Straße ist es äußerst hilfreich, wenn Du bereits mit dem Zeichnen von Perspektiven vertraut bist.
Eine Straße wird oft mithilfe der Zentralperspektive gezeichnet. Viele der Bilder zeigen eine unendlich lange Straße, die am Horizont verschwindet.
Auch in meinem Bild ist sie die primär genutzte Perspektive, denn sowohl die Häuser links als auch rechts passen sich ihr an.
Um aber eine unendliche Straße zu vermeiden und mein Bild nicht ausschließlich symmetrisch zu gestalten, baue ich jedoch noch eine zusätzliche Zwei Punkt-Perspektive ein.
So wird die Straße in der Bildmitte beispielsweise durch ein Haus unterbrochen, dass sich nach dieser Zwei Punkt-Perspektive hin verzehrt. Außerdem baue ich auch noch vereinzelt Objekte ein, die sich nach dieser oder einer anderen Zwei Punkt-Perspektive verzehren.
Wenn Du in Deinem Bild ebenfalls verschiedene Perspektiven einbauen möchtest, beachte lediglich, dass sich alle Fluchtpunkte auf einer Horizontallinie befinden. Andernfalls wird es perspektivisch inkorrekt.
Proportionen in der Skizze festhalten
Wenn Du Deine Straßenszene lebendig wirken lassen und Menschen integrieren möchtest, achte unbedingt darauf, die Proportionen jeder Person richtig zu zeichnen und anzupassen.
Vor einigen Jahren habe ich eine Straßenszene in Colombo (Sri Lanka) gezeichnet und wusste damals noch nicht, wie man dies macht. Das Ergebnis ist ein Riese, der auf seinem Fahrrad durch meine Skizze fährt. Er ist nicht nur größer als die Tuk Tuks neben ihm, sondern auch als die Personen weiter vorne im Vordergrund.
Doch worauf musst Du nun genau achten, damit Dir der gleiche Fehler nicht auch passiert?
Zeichne zunächst im vorderen Bereich einen Menschen und achte dabei darauf, dass die Größe der Person zur direkten Umgebung passt. Dies kannst Du prüfen, indem Du eine Hilfslinie vom Kopf und vom Fuß ausgehend horizontal zu dem nächstliegenden Objekt oder Element zeichnest.
Die Person in meinem Beispiel passt zu dem Stand rechts: Ihr Kopf befindet sich unter der Palisade und sie könnte bequem alle Produkte anschauen.
Da die erste Person ins Bild passt, können wir sie nutzen, um die Größen der anderen Personen im Bild zu ermitteln.
Ziehe hierzu zwei Fluchtlinien vom Kopf und vom Fuß zum Fluchtpunkt in der Mitte.
Dieser Schritt klingt erstmal verwirrend, ist jedoch sehr simpel.
Beginnen wir mit dem Fuß: Wähle hierzu einen Punkt auf der Straße, an dem sich der Fuß Deiner neuen Person befinden wird. Ziehe nun eine horizontale Linie zu der Fluchtlinie, die vom Fuß der ersten Person ausgeht.
Von diesem Schnittpunkt aus ziehst Du jetzt eine vertikale Linie nach oben, bis sie die Fluchtlinie berührt, die vom Kopf der ersten Person ausgeht. Diese vertikale Linie ergibt die Größe Deiner neuen Person.
Mit diesem System kannst Du die Größen aller Personen auf der Straße bestimmen und zeichnen. Beachte, dass nicht alle Menschen gleich groß sind und Du daher natürlich auch von der ermittelten Größe abweichen kannst.
Sei mit den Abweichungen jedoch besonders sparsam, je weiter es in den Hintergrund geht. Ein paar Millimeter auf unserem Papier können nämlich einen erheblichen Größenunterschied zu den Bildelementen untereinander ausmachen.
Straße zeichnen
Bei einem so komplexen Motiv wie der Straße gibt es keinen einen perfekten Ansatz, wie Du am besten vorgehst. Ich würde empfehlen von hell nach dunkel und von vorne nach hinten zu arbeiten. Ob Du das Bild dabei in kleine Bereiche aufteilst und diese isoliert voneinander zeichnest oder ob Du das gesamte Bild auf einmal bearbeitest, ist ganz Dir überlassen.
In den nächsten Schritten führe ich Dich durch meinen Prozess und hoffe, dass Du Dir einiges für Deinen Prozess abschauen kannst.
Licht in der Straße zeichnen
Um das Licht in meiner Zeichnung zu gestalten, starte ich mit den Lichtquellen. Ich beginne auf der linken Seite und arbeite mich schrittweise nach hinten oder zur Bildmitte vor. Anschließend wiederhole ich den Prozess auf der rechten Seite.
Nimm Dir viel Zeit für jede einzelne Lichtquelle, da sie nicht nur selbst leuchtet, sondern auch Licht auf ihre Umgebung wirft. Zeichne das von jeder Lichtquelle auf die jeweiligen Oberflächen geworfene Licht mit dem gleichen Buntstift, um den realistischen Lichteinfall festzuhalten.
Neben den Schildern gibt es auch noch Lichtquellen, die sich in den Läden im Erdgeschoss befinden und Licht auf die Straße und dortige Objekte werfen. Du musst die Lichtquellen nicht alle endgültig in diesem Schritt zeichnen, aber ich würde empfehlen so viele Lichtquellen wie möglich und so früh wie möglich zu zeichnen, damit man später nicht durcheinander kommt.
Gebäude und Elemente in der Straße zeichnen
Um die Gebäude und Elemente in Deiner nächtlichen Straßenszene zu zeichnen, beginne damit, sie zunächst farblich so darzustellen, wie sie bei Tageslicht erscheinen würden. Dies schafft die Grundlage für Deine Zeichnung. Achte hierbei darauf, dass Du bei den beleuchteten Oberflächen weniger Farbe aufträgst. So wirken sie später heller und verstärken den Eindruck von Licht und Dunkelheit.
Schatten in der Straße zeichnen
Im nächsten Schritt intensivierst Du die Schatten. Verwende dafür einen Buntstift in einer kühlen Farbe wie Violett, Blau oder Grün – diese Farben sind sehr einfach auf dem Farbkreis zu finden. Nutze aber nur eine Farbe für die Schatten, denn wenn alle Schatten den gleichen Farbton besitzen, wirkt das Bild harmonischer. Schatten in unterschiedlichen Farben jedoch trennen einzelne Bildelemente voneinander. Neben dem Buntstift benötigst Du auch mindestens einen weichen Bleistift.
Zeichne mit der ausgewählten Farbe über alle Flächen, die im Schatten liegen. Um die Schatten zu intensivieren, zeichne anschließend mit dem weichen Bleistift darüber. Für mein Bild nutze ich einen dunkelblauen Buntstift und einen 3B Bleistift.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Seiten der Gebäude, die zur Mitte der Straße hin zeigen, minimal heller sein sollten. Dies liegt daran, dass hier viele verschiedene Lichtquellen vorhanden sind, die das Licht auf diese Flächen werfen. Der Trick ist, für diese Flächen den Buntstift nicht zu nutzen und die Schatten ausschließlich mit dem Bleistift zu zeichnen.
Im Gegensatz dazu können die Seiten der Gebäude, die von den Lichtquellen abgewandt sind, wesentlich dunkler gezeichnet werden. Den Unterschied kann man ganz gut an dem Gebäude in meinem Bild erkennen, wo Licht aus dem Fenster scheint. Die linke Fläche wirkt dunkler als die rechte Fläche, wobei beide bereits sehr dunkel sind. Die blaue Farbe auf der linken Fläche trägt hier aber zur unterschiedlichen Wahrnehmung der Flächen bei.
Fertige Zeichnung einer Straße bei Nacht
Das Motiv einer Straße ist ohnehin schon eine Herausforderung, aber kommen Licht und Schatten hinzu, wird es um einiges schwerer. Umso schöner ist das Gefühl, wenn man den letzten Strich zieht und den Stift ablegt.
Ich könnte in meinem Bild zwar diverse Stellen aufzählen, die ich hätte besser machen sollen, aber allgemein bin ich mit meiner Leistung zufrieden.
Falls Du Dich also auch für das Motiv einer Straße entscheidest und Du dies noch nicht so oft geübt hast, sei nicht zu streng mit Dir. Beende Dein Bild trotzdem, habe Freude beim Zeichnen und analysiere in Nachhinein, was Du beim nächsten Mal besser machen kannst.
